Klimafreundliches Bauen mit nachhaltigen Materialien

Blogbeitrag zum Thema "Klimafreundliches Bauen mit nachhaltigen Materialien".

Von Ulrike Dreykluft, Director ESG und Ina Buchmann, Director Construction

Die Realität des Klimawandels und seine Bedeutung für die Immobilienbranche

Der Klimawandel ist da - und er ist gekommen, um zu bleiben. Ob wir es an den steigenden Durchschnittstemperaturen, der Zunahme extremer Wetterereignisse oder dem stetigen Anstieg des Meeresspiegels bemerken - die Beweise dafür nehmen zu.

Für die Immobilienbranche ist das nicht nur eine ferne oder theoretische Bedrohung. Der Klimawandel hat direkte und greifbare Auswirkungen auf den Wert, die Nachhaltigkeit und die Rentabilität von Immobilien. Diese Auswirkungen sind vielfältig und weitreichend: Von erhöhten Baukosten aufgrund von knapper werdenden Ressourcen über steigende Betriebskosten aufgrund der gestiegenen Energiekosten bis hin zu potenziellen Wertverlusten durch erhöhte Umweltrisiken. Gleichzeitig ändern sich die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen. Nicht nur in Deutschland und der EU, sondern weltweit werden die Vorschriften für Energieeffizienz und CO2-Emissionen verschärft, was Auswirkungen auf die Bau- und Betriebskosten hat.

Die Immobilienwirtschaft ist selbst ein bedeutender Faktor beim Klimawandel. Laut Umweltbundesamt ist sie über den gesamten Lebenszyklus hinweg gesehen verantwortlich für 38 % der globalen CO2-Emissionen, sie verbraucht zudem etwa ein Drittel der weltweit genutzten Ressourcen (Hines Embodied Carbon Reduction Guide, 2022). Die Herausforderungen des Klimawandels stellen für Hines und die gesamte Immobilienbranche eine echte Chance dar, nicht nur Verantwortung zu übernehmen, sondern auch Innovationen voranzutreiben und einen führenden Beitrag zur Lösung eines der dringendsten Probleme unserer Zeit zu leisten.

Projektentwicklung mit dem Fokus auf ESG am Praxisbeispiel des LOVT München

Eine auf ESG-Kriterien orientierte Projektentwicklung zielt darauf ab, den Umwelteinfluss eines Gebäudes während seines gesamten Lebenszyklus zu minimieren. Dies beinhaltet die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Planung, dem Bau, dem Betrieb, der Instandhaltung, der Renovierung und Umnutzung und sogar einem – wenn auch möglichst zu vermeidenden - zukünftigen Rückbau eines Gebäudes. ​

Bei Hines umfasst unser Ansatz zur Projektentwicklung eine Vielzahl von Praktiken und Techniken, die darauf abzielen, den Kohlenstoff-Fußabdruck des Gebäudes zu reduzieren. Auf der Entwicklungsebene sind wir der Meinung, dass traditionelle Baumethoden in Frage gestellt und hinterfragt werden müssen, um unsere ehrgeizen Dekarbonisierungsziele zu erreichen. Wir haben uns dem effizienten Einsatz von Ressourcen und umweltfreundlichen Baumaterialien verschrieben, wo immer dies möglich ist, um Abfall zu minimieren. Hines hat sich außerdem das Ziel gesetzt, bis 2040 ein kohlenstofffreies Betriebsportfolio zu erreichen, und wir setzen verschiedene Techniken und Technologien ein, um den Energieverbrauch und die Emissionen in unseren Betriebsanlagen zu reduzieren.

Neben der Nachhaltigkeit und den zu beachtenden ökologischen Aspekten geht es bei der Projektentwicklung unter Berücksichtigung der ESG-Kriterien auch um die Einbeziehung und Fokussierung sozialer Aspekte - wie die Verbesserung der Innenraumluftqualität und die Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden der Gebäudenutzenden.

Unser Projekt LOVT München zielt darauf ab, ein leerstehendes Gebäudeensemble zu revitalisieren, um eine Kombination aus Büro-, Gastronomie-, Kultur- und Kreativflächen mit Fokus auf Nachhaltigkeit zu schaffen. Es ist damit ein Beispiel für die ESG-orientierte Projektentwicklung von Hines in der Praxis. ​ Die ESG-Strategie für das LOVT München basiert auf einer Reihe wichtiger Bausteine, die alle auf das oberste Ziel der Nachhaltigkeit und Verantwortung gegenüber Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft ausgerichtet sind. Einige davon sind im Folgenden dargestellt.

Bestandserhalt und langlebige Baumaterialien:

Basis der Entwicklung ist der größtmögliche Bestandserhalt. Mehr als die Hälfte der insgesamt 96.000 Quadratmeter Nutzfläche, also 55 %, sollen erhalten bleiben. Die Erweiterungen der bestehenden Gebäude und die Neubaubestandteile werden in Holz-Hybrid-Bauweise mit überwiegend nachwachsenden Rohstoffen errichtet.

Kreislaufwirtschaft:

Im Sinne des Cradle-to-Cradle-Prinzips werden Materialien und Ressourcen so eingesetzt, dass sie immer wieder in den Produktionsprozess zurückgeführt und wiederverwendet werden können. Dadurch wird der Bedarf an neuen Ressourcen minimiert und Abfälle werden reduziert. Beim Rückbau und der Entkernung des bestehenden Gebäudes wurde konsequent auf Ressourcenschonung geachtet, unter anderem mit der Durchführung einer umfassenden Baustoffinventur in Zusammenarbeit unter anderem mit dem Proptech-Unternehmen Concular. Auf diese Weise konnten wir bestimmte Abbruchmaterialien wie gut erhaltene Gipsfaserbodenplatten und Holzwerkstoffplatten identifizieren, die einer Aufbereitungsanlage zugeführt und der Wiederverwendung zugeführt werden konnten, anstatt sie zu entsorgen.

Prozesse in der Projektentwicklung:

Nachhaltigkeit wird beim LOVT in jeden einzelnen Entwicklungsschritt integriert, indem für alle Prozesse konkrete Ziele festgelegt werden, wie z.B. CO2-Zielwerte, Wasserverbrauch oder die Abfallmenge, die erzeugt wird. ESG-relevante Themen werden in regelmäßigen Jour Fixe Meetings mit allen Beteiligten diskutiert und abgestimmt. Unser Projektmanagement-Ansatz geht weit über die klassische baubegleitende Zertifizierung hinaus, da die jeweiligen Ziele auch in Bezug auf ihre ESG-Konformität erfüllt werden müssen.

Digitalisierung:

Die Digitalisierung und der Einsatz digitaler Technologien wie Building Information Modeling (BIM) erhöhen nicht nur die Effizienz der Prozesse, sondern ermöglichen auch die Erfassung von Daten, die zur kontinuierlichen Optimierung und Verbesserung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen beitragen. Wir nutzen beispielsweise auch neue Planungsansätze und Controlling-Methoden, die es uns ermöglichen, die ökologischen Auswirkungen eines Projekts jederzeit zu erfassen und zu visualisieren. Auch im späteren Betrieb der Immobilie über die Bauphase hinaus erhöht die Digitalisierung die Nachhaltigkeit durch die Möglichkeit des intelligenten Betriebs und der Wartung.

Versiegelung / Entsiegelung:

Um die Umwelt so wenig wie möglich zu beeinträchtigen, wurde die Versiegelung neuer Flächen auf ein Minimum reduziert. Allein fast 22 % der ehemaligen Innenhofflächen, die zuvor komplett versiegelt waren, sind nun entsiegelt. Damit ist sichergestellt, dass diese Flächen wieder Raum für Natur und Tierwelt bieten, einschließlich der aktiven Ansiedlung von Insekten, wie dem hier gezeigten Bienenvolk. Dies führt auch zu einer erheblichen Steigerung der Aufenthaltsqualität für die Nutzenden, denn es entstehen Grünflächen in einer parkähnlichen Landschaft und ein Begegnungs- und Rückzugsort mitten in der Stadt.

Lebensdauer der Immobilie:

Ein weiterer wichtiger Aspekt der ESG-Strategie ist die Berücksichtigung der Nutzungsdauer der Immobilie, die von Anfang an auch künftige Nutzergenerationen mit einbezieht. Alle unsere Planungsschritte sind darauf ausgerichtet, die Langlebigkeit des Gebäudeensemble LOVT und seine Gesamtnutzungsdauer zu maximieren. Dazu gehören eine hohe Bauqualität, ein flexibles Konzept, das eine spätere Umnutzung erleichtert, und die Verwendung von langlebigen Materialien.

Energieverbrauch undWärmegewinnung:

Das LOVT wurde mit dem Ziel konzipiert, den Energieverbrauch zu minimieren und eine effiziente Wärmeerzeugung zu ermöglichen. Zu diesem Zweck werden die gebäudetechnischen Anlagen so ausgelegt, dass sie nahezu CO2-neutral betrieben werden können. Durch den Einsatz von Luft-Wasser-Wärmepumpen können die Gebäude sowohl geheizt als auch gekühlt werden, ohne dass CO2-Emissionen entstehen, da der dafür erforderliche Strom aus erneuerbaren Energiequellen verwendet wird. Unterstützend wirkt auch die Installation einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach. All dies trägt entscheidend zur Reduzierung der Umweltbelastung bei - und senkt letztlich auch die Betriebskosten.

Nachhaltigkeit im Betrieb:

Die Nachhaltigkeit des Projekts endet nicht mit der Fertigstellung des Gebäudes. Sie erstreckt sich auch auf den möglichst langlebigen Betrieb, beispielsweise beim Mieterausbau, der eine ressourcenschonende Nutzung und auch Umgestaltung vorsieht, oder das konsequente und weiterführende Recycling anfallender Baustoffe.

Green Lease:

Der Green Lease dient der Verpflichtung der Mietvertragsparteien, um Nachhaltigkeit im Betrieb des Gebäudes zu gewährleisten. So werden die Mietenden dazu angehalten, ihren Teil zur Nachhaltigkeit beizutragen. Dies kann die Verpflichtung zur Reduzierung des Energieverbrauchs oder die Verwendung umweltfreundlicher Materialien bei Aus- oder Umbauten beinhalten. Ebenso werden jedoch auch vertragliche Verpflichtungen für den Vermieter definiert.

Der Hines Embodied Carbon Reduction Guide

Der Immobiliensektor ist laut Umweltbundesamt für 38 % aller energiebedingten CO2-Emissionen verantwortlich. Hines hat sich bereits verpflichtet, weltweit intensiver an einer deutlichen Reduzierung der CO2-Emissionen und der Bekämpfung der Klimakrise zu arbeiten.

Hines hat sich mit dem renommierten Hoch- und Tiefbauunternehmen Magnusson Klemencic Associates (MKA) zusammengetan, um den "Embodied Carbon Reduction Guide" zu erstellen und damit einen neuen Industriestandard für ressourcenschonendes und kohlenstoffarmes Bauen einzuführen.

Dieser Leitfaden stellt die Prinzipien und Prozesse vor, die unsere Teams in die Lage versetzen, anlagenspezifische Dekarbonisierungspläne als Reaktion auf Klima- und Transformationsrisiken durchzuführen, und steht im Einklang mit unseren branchenführenden Standards für Wertschöpfung, Integrität und Qualität. Weiterhin werden die damit verbundenen Rollen und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Hines-Teammitglieder bei der Anwendung dieser Grundsätze untersucht. Der Leitfaden ist eine lebendige, konsensorientierte Sammlung unserer Überlegungen, die sich durch unsere kontinuierliche Arbeit und die Rückmeldungen aus unseren Teams weiterentwickeln wird.

Erste konkrete Erfolge lassen sich hier bereites erkennen. So konnte beispielsweise beim Bau des Salesforce Towers in Chicago eine Reduktion von 27% der CO2-Emissionen bei der Betonproduktion sowie eine 9prozentige Reduktion bei der Stahlproduktion erzielt werden (Hines Embodied Carbon Reduction Guide 2022).

Ausblick - was müssen wir noch tun?

Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen in der Geschichte der Immobilienbranche. Hines hat sich verpflichtet, seine Prozesse kontinuierlich zu optimieren und das Ziel einer nachhaltigeren Bauwirtschaft konsequent voranzutreiben. Doch nicht nur die Immobilienbranche muss sich engagieren. Wir sind der Meinung, dass sich alle Beteiligten in der gesamten Lieferkette und in jeder Phase des Lebenszyklus einer Immobilie engagieren und zusammenarbeiten müssen, um das Potenzial neuer Techniken und Technologien weiter auszuschöpfen.

Dies gilt für Wissenschaft- und Forschung ebenso wie insbesondere für die Politik. Gesetzliche Regelungen, sei es im Bauplanungsrecht oder in behördlichen Vorschriften, können eine nachhaltige und kostengünstige Umsetzung oft behindern. Auch bleibt es eine Herausforderung, allgemein gültige und idealerweise international anwendbare Industriestandards oder Benchmarks einzuführen, die eine Orientierung für nachhaltiges Bauen geben können. Einheitliche Regelungen sowie Vereinfachungen und Ausnahmeregelungen könnten Barrieren abbauen und individuelle Nachhaltigkeitslösungen besser nutzbar machen - doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Dennoch ist es ermutigend zu sehen, dass sich die Mehrheit der am Bau Beteiligten inzwischen ihrer ökologischen Verantwortung bewusst ist und beginnt, wirklich praktikable Lösungen für Fragen der Nachhaltigkeit umzusetzen. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ist es wichtig, diese Verantwortung nicht nur als Risiko, sondern auch als Chance zu sehen. Wir bauen heute die Immobilienwirtschaft der Zukunft und legen den Grundstein für nachhaltiges Bauen im 21. Jahrhundert.

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Triff die Autoren

Ulrike Dreykluft​ ist Director - ESG für Hines Deutschland mit Sitz in Berlin und ist hauptverantwortlich für die Entwicklung und Umsetzung der ESG-Strategie für Hines Deutschland. Ulrike Drey.kluft ist bereits seit 2017 für Hines tätig. Vor der Übernahme der ESG-Position in 2021 war sie als technischer Asset Manager für bautechnische Fragen bei Asset Management Projekten in Berlin und Hamburg zuständig
Ina Buchmann​ ist Director – Construction für Hines Deutschland am Standort München und derzeit als technische Projektleiterin für das Projekt LOVT MUNICH gesamtübergreifend tätig. Seit 2011 arbeitet Ina Buchmann für Hines und ist ausgebildete Architekten. Vor ihrer Tätigkeit bei Hines war sie bei der Schörghuber Unternehmensgruppe beschäftigt. Sie unterstützte bereits zwischen 2011 und 2013 beim Projekt Hofstatt in München sowie beim Projekt KÖ-Quartier in Düsseldorf.